In der Personalauswahl sind Intelligenztests schon ganz gut – Andere Methoden noch besser

February 07, 2024

Was meint Ihr: Sind Intelligenztests am besten geeignet, den Berufserfolg von Bewerbenden vorherzusagen?


Kennt ihr das? Die Frage, ob nicht der andere Bewerbende die bessere Wahl gewesen wäre.

"Hätten wir nicht lieber den anderen einstellen sollen?"


Das haben wir die Praktiker bei LinkedIn gefragt und so haben 53 Personen abgestimmt zur Frage, ob Intelligenztests am besten geeignet sind, den Berufserfolg von Bewerbenden vorherzusagen:
23 % stimmten für ja
77 % stimmten für nein

"ChatGPT ist anfänglich auch der Meinung, dass kognitive Leistungstests (Intelligenztest) die höchste Vorhersagekraft für Berufserfolg haben. Da Arbeitsproben aber höhere Vorhersagekraft haben, sprach ich ChatGPT darauf an und es kam prompt der Rückzieher."

Prof. Dr. Jörg Klukas

Einschätzung der Fragestellung aus wissenschaftlicher Sicht

Schmidt & Hunter führten 1998 dazu eine wissenschaftliche Studie durch, in welcher es um eben jene Fragestellung ging.Eines der Schlüsselergebnisse ihrer Arbeit ist, dass kognitive Fähigkeitstests (oft als Intelligenztests bezeichnet) zu den effektivsten Werkzeugen gehören, um beruflichen Erfolg vorherzusagen. Diese Tests messen allgemeine geistige Fähigkeiten, die für viele verschiedene Arten von Jobs relevant sind, wie Problemlösungsfähigkeiten, Lernfähigkeit und die Fähigkeit, neue Informationen zu verarbeiten.

Schmidt und Hunter führten Meta-Analysen durch, eine statistische Technik, die es ermöglicht, Ergebnisse aus vielen verschiedenen Studien zusammenzufassen, um allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen. Ihre Analyse zeigte, dass neben kognitiven Fähigkeitstests (Intelligenztest) auch strukturierte Interviews, bei denen allen Bewerbern die gleichen Fragen in der gleichen Reihenfolge gestellt werden, eine relativ hohe Vorhersagekraft, aber im Vergleich zu Intelligenztests eine niedrigere, für beruflichen Erfolg haben. In der Forschung von Schmidt und Hunter, sowie in weiteren Studien zur Personalauswahl, wird tatsächlich hervorgehoben, dass Arbeitsproben die höchste Vorhersagekraft für beruflichen Erfolg aufweisen, oft sogar höher als die von allgemeinen mentalen Fähigkeitstests (GMA, General Mental Ability, Intelligenztests).

Arbeitsproben sind so effektiv, weil sie Kandidaten in die Lage versetzen, spezifische Aufgaben oder Probleme zu lösen, die direkt mit den Anforderungen der Stelle zusammenhängen, für die sie sich bewerben. Diese Methode ermöglicht es Arbeitgebern, direkt zu beobachten, wie Bewerbende in realen oder simulierten Arbeitsbedingungen performen, was eine direkte Einschätzung ihrer Fähigkeiten und ihrer Passung zur Stelle ermöglicht.

Die Stärke der Arbeitsproben liegt in ihrer Spezifität und Relevanz für die jeweilige Position, was sie zu einem präzisen Werkzeug für die Vorhersage macht, wie gut jemand in einer bestimmten Rolle abschneiden wird. Sie berücksichtigen nicht nur die kognitiven Fähigkeiten der Kandidaten, sondern auch ihre praktischen Fähigkeiten, Erfahrung und Anpassungsfähigkeit an spezifische Arbeitsaufgaben.

In Kombination mit anderen Bewertungsmethoden, wie kognitiven Fähigkeitstests (Intelligenztests) und strukturierten Interviews, bieten Arbeitsproben einen umfassenden Einblick in das Potenzial der Bewerbenden. Es ist diese Kombination von Methoden, die in der Regel die beste Vorhersagekraft für den beruflichen Erfolg bietet, wobei Arbeitsproben oft als eines der stärksten einzelnen Instrumente gelten.

Hier setzt Empfehlungsbund an

Jedoch selbst die Kombination der besten Instrumente (Stichwort Assessment Center), führt immer noch zu vielen Bewerbenden, die bei den eben beschriebenen Verfahren durchs Raster fallen. Hier setzt der Empfehlungsbund an, denn die Mitgliedsunternehmen empfehlen sich gegenseitig genau diese 2. und 3. Kandidaten, welche knapp das Auswahlverfahren verfehlten. Seit 2009 haben sich so ca. 300 Unternehmen aus der IT und MINT Branche, im Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Pflegeheime), sowie kaufmännische Berufe der Verwaltung und Administration über 25.000 solcher vorqualifizierten guten Kandidaten vermittelt. Das Wachstum des Netzwerks erkennt man daran, dass allein in den letzten 365 Tagen über 4.600 Fachkräfte so vermittelt worden. Live-Daten des Netzwerks findet man unter www.empfehlungsbund.de/mediadaten.

Um das Netzwerk kennenzulernen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Auf www.empfehlungsbund.de/events finden man immer wieder kurze Webinare zur Vorstellung des Empfehlungsbundes. Alternativ kann man sich einen kostenlosen Beratungstermin bei unseren Community Managern buchen. 

Kritik zur Studie

Die Studie von Schmidt und Hunter hat in der Tat Kritik und Diskussionen ausgelöst, insbesondere in Bezug auf die Methodik und die Anwendung ihrer Erkenntnisse in der Praxis der Personalauswahl. Eine der Hauptkritiken bezieht sich auf die Verwendung von Daten, die zum Großteil aus den Jahren vor 1970 stammen, und auf die angewandten Korrekturmethoden der statistischen Analysen. Diese Kritikpunkte betonen die Bedeutung, aktuelle und methodisch robuste Daten in der Forschung zu Personalauswahlverfahren zu nutzen. *1

Zudem gibt es eine Diskussion über die praktische Anwendung der Forschungsergebnisse von Schmidt und Hunter, insbesondere hinsichtlich der Nutzung von Intelligenztests in der Personalauswahl. Es wird argumentiert, dass viele Personalverantwortliche aus verschiedenen Gründen, einschließlich möglicher Vorbehalte gegenüber der Messung von Intelligenz, dazu neigen, Persönlichkeitstests zu bevorzugen, obwohl diese möglicherweise nicht das für die Arbeit besonders relevante Merkmal - nämlich die Intelligenz - erfassen. Diese Tendenz, eine Vielzahl von Persönlichkeitsmerkmalen zu messen, ohne die Intelligenz zu berücksichtigen, kann dazu führen, dass wichtige Aspekte der beruflichen Leistungsfähigkeit übersehen, werden. *2

Es gibt auch neuere Forschungen, die die Bedeutung der Intelligenz als Teil der Persönlichkeit und als grundlegende Konstante der beruflichen Leistungsfähigkeit betonen. Diese Arbeiten unterstreichen, dass eine umfassende Beurteilung von Kandidaten nicht nur kognitive Fähigkeiten, sondern auch Werte, Ziele, Motive und Temperamente berücksichtigen sollte. Die Herausforderung besteht darin, das richtige Gleichgewicht zwischen verschiedenen Messinstrumenten zu finden und sicherzustellen, dass sie in einer Weise eingesetzt werden, die ein vollständiges Bild der Eignung eines Kandidaten für eine bestimmte Rolle liefert. *1

Insgesamt zeigt die fortlaufende Diskussion und Kritik, dass die Forschung zu Personalauswahlverfahren ein dynamisches Feld ist, in dem kontinuierlich neue Erkenntnisse gewonnen und bestehende Ansätze hinterfragt werden. Die Arbeit von Schmidt und Hunter stellt einen wichtigen Beitrag dar, aber es ist entscheidend, dass aktuelle Forschung und Praxiserfahrungen berücksichtigt werden, um die besten Entscheidungen in der Personalauswahl zu treffen.

*1 Stefan Hoeft: 25 Jahre nach Schmidt und Hunter (1998): Aktuelle Forschungslage zur Validität eignungsdiagnostischer Verfahren, URL: https://www.forum-assessment.de/publikationen/themenhefte/25-jahren-nach-schmidt-und-hunter-1998-wo-stehen-wir-heute-in-der-beruflichen-eignungsdiagnostik (Stand 07.02.2024)

*2 Harald Ackerschot: Personalauswahl: Die Angst von HR vor dem Intelligenztest (2021), URL: https://www.wirtschaftspsychologie-heute.de/personalauswahl-die-angst-von-hr-vor-dem-intelligenztest/


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